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Den Geschmack der Blüten einfangen
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Den Geschmack der Blüten einfangen

Delikatessen aus frischen Blüten hat sich die Diplom-Biologin Anja Quäschning verschrieben. In ihrer Deutschen Blütensekt Manufaktur in Wiesbaden kreiert die Jungunternehmerin reinsortige Blütensirups sowie Blütenzucker und –salze, die den Geschmack von über 60 verschiedenen Blütensorten einfangen. Magnolienblüte, japanische Kirschblüte und Malvenblüte oder Exotisches wie Bananen- oder Orchideenblüten verarbeitet die „Blütenkönigin“ zu hocharomatischen Sirupen und Extrakten. „Die meisten sind weltweit einzigartig“, betont die Erzeugerin.

Anfangs wollte die damalige Produktmanagerin eines Bio-Pharmaunternehmens „nur“ einer Kindheitserinnerung nachschmecken, der Holunderblüten-Schorle ihrer Großmutter. Leider hatte die Oma kein Rezept hinterlassen. So versuchte die über Wahrnehmungsforschung promovierte Biologin jahrelang, hinter das Geheimnis des Sirups der Großmutter zu kommen. Zig Flaschen seien ihr dabei explodiert, aber sie gab nicht auf. Bis ein Onkel sich erinnerte, dass die Oma nichts gekocht, sondern die Blüten abgezupft habe. Auf dieser Grundlage entwickelte die Biologin ihre Rezeptur: Per Kaltauszug geben Blüten in klarem Quellwasser Geschmack und Duft ab. Es war der Durchbruch.

Bei einer Holunderblüten-Ernte blühen direkt daneben Akazien mit ihren zart duftenden Blütendolden. Quäschning nimmt sie mit, verarbeitet sie per Kaltauszug und ist begeistert vom herbsüßen Aroma. Weitere Experimente mit anderen Blütensorten folgten. Die Resonanz aus dem Freundeskreis ist überwältigend, Quäschnings Blüten-Delikatessen werden zu beliebten Mitbringseln und Geschenken. Mit Gerd Eis, damals Küchenchef im Sterne-Restaurant „Ente vom Lehel“ in Wiesbaden, wird der erste Profi auf Quäschnings Produkte aufmerksam. Er rät zur Serienproduktion und wird ihr erster Geschäftskunde. Im Dezember 2004 gründet Anja Quäschning ihr Unternehmen, das einzige im Nahrungsmittelbereich, das sich auf Blüten spezialisiert hat und mit biozertifizierten Zutaten arbeitet.

Was mit Holunderblüten geht, das klappt auch mit anderen Blüten. Einzig wichtig: makellose Blüten und schnelle Weiterverarbeitung. Das setzt kurze Wege voraus, weshalb Anja Quäschning die meisten Blüten im Großraum Rhein-Main in biozertifizierten Regionen erntet. Anfangs allein, hat sie heute ein kleines Heer zuverlässiger Helfer, die auf Abruf ihren Einsatzbefehl zur Ernte erwarten. Vor Ort entscheide sie oft kurzfristig, „dass wir mit dem Ernten noch ein paar Stunden warten, um die optimale Blütenreife zu bekommen“, erklärt die Biologin. Mehrmals täglich fährt die „Blütenkönigin“ zur Kontrolle die entsprechenden Fläche ab, um den besten Zeitpunkt zum Pflücken zu bestimmen. Mit Rücksicht auf den Bestand würde sie niemals Bäume komplett leer pflücken, sondern immer nur die frischesten und makellosesten Blüten: „Die letzte Auswahl treffe ich, da lass ich keinen anderen ran.“ Dabei kann es auf eine Stunde ankommen. Es ist schon eine Kunst, die Blüte der Nachtkerze abzuwarten: Sie öffnet sich so schnell, dass man dabei zusehen kann: Es beginnt abends in der Dämmerung und ist am nächsten Mittag schon wieder vorbei. Bis zum nächsten Jahr. Von März bis Ende September ernten Quäschning und ihre Helfer mehrere hundert Kilo Blüten, in der Amtssprache „biozertifizierte Wildsammlung“, zum größten Teil in ihrem unmittelbaren Einzugsgebiet in Hessen und Rheinland-Pfalz. Die exotischen Blüten bezieht sie von Bio-Anbietern aus den Ursprungsländern.

Die Blüten werden von Hand geerntet, danach die Blättchen einzeln von den Stielen gezupft und pflückfrisch verarbeitet. Das aufwändige Verfahren garantiert, dass keine Gerbstoffe von den Stängeln in die Blütenauszüge übergehen „und macht sich enorm in der Qualität bemerkbar“. Der eigentliche Blütenauszug erfolgt mit Quellwasser aus dem Wiesbadener Schläferskopfstollen, ganz ohne Erhitzen oder Pressen. Dann heißt es warten. Je nachdem, wie dickwandig sie sind, liegen die Blätter Wochen, manchmal Monate im Wasser. Was danach ungefiltert aus dem Fass in Flaschen abgefüllt wird, ist der reine Blütenauszug. Mit Zitronensäure zur Stabilisierung versetzt wird daraus der Blütenextrakt, den vor allem Spitzenköche kaufen, die dann selbst süßen. Durch Bio-Zucker und Zitronensäure wird der Extrakt zum Blütensirup, der in Flaschen mit 250 oder 350 ml Inhalt abgefüllt wird. Die Mengen variieren zwischen mehreren Tausend Flaschen Holunderblüte hin zum raren Kornblumenblütensirup mit nur 30 Flaschen.

Die Sirupe sind vielfältig verwendbar: in Desserts, Dressings, mit Mineralwasser oder Sekt aufgegossen und als heißer Aufguss („Heiße Blüte“). Die zuckerfreien und hochkonzentrierten Blütenextrakte verwenden vor allem Profiköche zum Verfeinern und Experimentieren. Neueste Sortimentsergänzungen der Wiesbadener Unternehmerin sind Blütensalze. Diese Würzsalze für die feine Küche entwickeln ihr Aroma auf Basis von Flor de Sal: Salz von der Lavendelblüte eignet sich etwa für Fleisch und Salate, Malvenblüte für Nudelgerichte, Hibiskusblüte für Fisch und Muskatblüte für Kartoffel- und Fleischgerichte. Die Blütensalze der „Lafer-Selection“ im Schraubdeckelglas sind mit Kalaharisalz angesetzt und geben Salaten mit Rosenblüte oder Geflügel mit Orangenblüte eine besondere Note. Ganz neu ist Bioblütenzucker zum Verfeinern von Schlagsahne, Kaffee und Nachspeisen. Alle Produkte sind mit dem Biosiegel versehen und verweisen auf die ökologische Firmenphilosophie und den biozertifizierten Herstellungsprozess der Blütenmanufaktur.

An der Rezeptur für ihr erstes Produkt, den Blütenschaumwein „Fleur pétillante brut“ aus Holunderblüten, feilte sie elf Jahre lang. Der Grundwein besteht einzig aus Holunderblüten, den eine biozertifizierte Sektkellerei in Ingelheim im Champagnerverfahren versektet. Das Ergebnis ist ein Jahrgangssekt, so trocken und feinperlig wie Champagner. Nur 350 Flaschen (à 0,75 Liter) gibt es jedes Jahr, pro Flasche benötigt sie rund einen halben Kubikmeter frische Blüten. Noch rarer und kostbarer ist der „Fleur pétillante“ aus Rosenblüten. Die jährliche Ausbeute sind 320 Flaschen à 0,375 Liter-Flaschen. In jeder steckt das Aroma von rund 300 Rosenköpfen.

Die Suche nach einem verlorenen Geschmack ihrer Kindheit hat die Biologin auf eine erfolgreiche Geschäftsidee gebracht, die sie mit Verve und Energie entwickelt und vorantreibt. Zahlreiche Anerkennungen hat die Jungunternehmerin bekommen. Dass sie sich einen Kindheitstraum erfüllt und ein erfolgreiches Geschäftsmodell auf filigranen Blüten aufgebaut hat, brachte ihr 2005 den 1. Platz beim Gründerpreis des Landes Hessen ein: für die intelligenteste Geschäftsidee.

Auf rund 120 Produkte ist das Sortiment angewachsen. Fünf Mitarbeiter beschäftigt sie ganzjährig, während der Ernte arbeiten bis zu 20 Pflücker mit. Denn das Geschäft mit dem Handverlesenen blüht. Auf Quäschnings Kundenliste stehen Spitzenadressen wie Lafers Stromburg, zahlreiche Hotels und Spezialhändler wie Bosfood, Gourmondo und die Karstadt-Delikatessabteilungen. Nun will sich Quäschning nach Investoren umsehen, um die Firma „auf größere Beine zu stellen“. Der Export ins Ausland könnte beginnen, und aus der Blütenblättermaische – dem „Abfall“ - könnte ein sortenreiner Edelschnaps gebrannt werden.

Konkurrenz hat sie nach eigenen Angaben keine. Warum? „Außer mir macht sich keiner diese Mühe“, meint sie „und keiner weiß, wie.“ Alle Herstellungsschritte sind genau überwacht und werden durch Labor-Analysen ergänzt. In ihrem Mann, einem vielseitigen Techniker, hat Anja Quäschning einen kongenialen Partner. „Egal, ob ich ein Holzdisplay für die Gewürzsalze oder eine Tankkühlung brauchte, er findet eine kreative, praktische und preiswerte Lösung“, lobt die Unternehmerin. Das hilft ihr, konservativ zu wirtschaften und Investitionen aus Eigenmitteln zu finanzieren.

Vor ihrer Haustür, im ländlichen Wiesbadener Vorort Freudenberg, überwuchert blühender Knöterich den Garten. Wie diese Blüten wohl schmecken? Auch Anja Quäschning hat keine Ahnung. Ausprobieren ist die Devise der experimentierfreudigen Blütensammlerin. Denn oft ist das „Gute“ zum Greifen nahe. So kam sie auch auf die Japanische Kirschblüte, ihre derzeitige Aromen-Favoritin. „An den Rheinauen stehen ganze Alleen dieser Bäume; deren Blüte intensiv nach Schwarzkirsche mit Mandelaroma schmeckt“, schwärmt sie und freut sich, dass bislang jeder Kirschblütenkunde die Sorte immer wieder nachkauft. Auch wenn die Kapazitäten ihrer Manufaktur begrenzt sind, hegt die Unternehmerin noch viele Blütenträume. Sie würde gern mit Kaffee- oder Kakaoblüten experimentieren. Oder Vanilleblüte. „Die wären wohl unbezahlbar“, sinniert sie. Aber reizen würde es die Wiesbadener Blütenexpertin allemal.

Kontakt:

Deutsche Blütensekt Manufaktur

Lilienweg 48

65201 Wiesbaden

Tel. 0611/2385800

www.bluetensekt.de

Geschäftsführerin: Dr. Anja Quäschning

gegründet 2004

Bezugsquellen:

über die Manufaktur und bei www.bluetengenuss.de (führt das komplette Sortiment)



Quelle: Slow Food, Genießen mit Verstand, Ausgabe Nr. 03/2009, Seite 31-33, Rubrik: Trend
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