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Tief verborgen im Blütenblatt
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Tief verborgen im Blütenblatt

Im Blütenrausch

Eindrucksvolle Bilder, einzigartige Panoramen, aber auch bestimmte Gerüche und Geschmäcker aus der Kindheit sind in der Erinnerung fest verankert. Ihnen allerdings Jahre oder sogar Jahrzehnte später noch einmal nachzuspüren, fällt schwer:

Dinge verändern sich einfach zu rasant. Hinzu kommt, dass sich Dimensionen und Eindrücke mit dem Erwachsen werden fast unvermeidlich verschieben. Etwas noch einmal ganz genauso erleben, mit gleicher oder vielleicht sogar noch mehr Freude und Genuss – geht das überhaupt? Wir haben in Wiesbaden eine Frau kennen gelernt, die sich mit einem „leider nein“ nicht zufrieden geben wollte. Dank ihrer Beharrlichkeit stieß sie auf ein Geheimnis, das sie in eine Geschäftsidee überführte, die 2005 bereits mit dem hessischen Gründerpreis belohnt wurde. Dr. Anja Quäschnings Blütensekt Manufaktur bietet einzigartige Delikatessen aus selbst gesammelten und frisch verarbeiteten Blüten an:

Blütenschaumwein, Blütensalze, -zucker, -sirups und -extrakte.

Und ja, Antriebsfeder für die Biologin und Duft-Alchemistin war eine nachhaltige, ätherische Kindheitserinnerung: Der Holunderblütensirup ihrer Großmutter. Quäschnings Erfolgsgeheimnis: Dank allerlei Experimenten, Tüfteleien und auf Basis etlicher Versuchsreihen, besitzt sie heute das Wissen und die Fähigkeit ein paar der schönsten Kindheitserinnerungen verlustfrei in die Jetztzeit zu überführen.

Wie wichtig ist Ihnen Geheimhaltung?

Dr. Anja Quäschning: Geheimhaltung ist sehr wichtig. Auf internationalen Messen ist es mir jedes Mal so gegangen, dass im darauf folgenden Jahr Nachahmungen auf den Markt gekommen sind. Aber dadurch, dass wir ein so extrem aufwändiges Verarbeitungsverfahren anwenden, können Kopien die erstklassige Qualität und den naturreinen Geschmack unserer Delikatessen nicht erreichen. Ich kann Ihnen ganz viel von meinen Herstellungsverfahren verraten, bei den ganz entscheidenden Dingen, sage ich Ihnen allerdings nichts. Aber das werden Sie gar nicht merken (lacht).

Könnten Sie nach Ihren Verfahren im Ausland nicht viel preiswerter produzieren lassen? Was ist so wichtig am Standort Deutschland?

Dr. Anja Quäschning: Das fängt schon damit an, dass ich immer dabei sein möchte, zum einen, weil es sich um sehr aufwändige Verfahren handelt und zum anderen, weil eben alles super sorgfältig ablaufen muss. Vielleicht ginge das auch in Bangladesch, aber ich finde es ja persönlich spannend, dass gerade unsere einheimischen Blüten ihren ganz unterschiedlichen Geschmack abgeben.

Die Arbeit einer Biologin stellt man sich ja gemeinhin anders vor: Wie viel Alchemie und Hexerei ist dabei?

Dr. Anja Quäschning: Ich kann ihnen versichern, da ist ganz viel Wissenschaft dahinter (lacht). Aber im Ernst, mein Studium und meine jetzige Tätigkeit haben ja beide viel mit einer Liebe zur Natur zu tun. Glauben Sie mir, das hängt ganz nah miteinander zusammen.

Rezepte für einen hausgemachten Holunderblütensirup lassen sich heute auch in Internetforen finden. Sie verarbeiten jedoch inzwischen 60 verschiedene Blütensorten, aus denen Sie heute nicht nur Sirup, sondern auch Salze, Zucker und sogar Sekt herstellen. Gab es denn so etwas wie eine Initialzündung? Vielleicht ein bestimmtes Experiment mit überraschendem Ausgang?

Dr. Anja Quäschning: Am Anfang dachte ich noch, nur Blüten, die gut riechen und gut schmecken, geben in der Verarbeitung auch ein wohlschmeckendes Aroma ab. Bis ich die japanische Kirchblüte ausprobierte. Die schmeckt als frische Blüte – freundlich gesprochen - nach Gras und Heu. Und sie riecht überhaupt nicht. Sieht gut aus, ist aber duftneutral. Sie blüht wunderschön rosarot. Ich bin also jahrelang an ihr vorbeigegangen, und dachte, das kann ja gar nichts geben. Dann habe ich sie doch einmal ausprobiert und es ist eine Geschmacksoffenbarung gewesen. Sie schmeckte einfach köstlich! Wohlgemerkt, nach der Verarbeitung. Ein ausgeprägtes Aroma von Schwarzkirsche und Bittermandel. Ja, das war so etwas wie die Initialzündung dafür, auch noch einmal ganz andere Blüten auszuprobieren, die ich vorher wegen ihres fehlenden oder nicht so aufmerksamkeitsstarken Duftes links blühen gelassen hatte.

Sind Ihre Produkte denn auch etwas für Männer?

Dr. Anja Quäschning: Interessanterweise ist es so, dass sich Männer sehr oft für meinen Blütenschaumwein interessieren – für ihre Frauen. Die Herren kommen also zur Verkostung mit dem Gedanken: „Ja, das könnte doch was sein, das bring ich meiner Frau nach Hause mit.“ Dann probieren sie und kaufen ihn für sich selbst. Der Blütenschaumwein ist brut ausgebaut.

Ganz trocken und oft bescheinigt man ihm Champagnerqualität. Und ja, das spricht auch den Herrn sehr an. Und nein, das ist kein klassisches Frauengetränk. Sehr beliebt sind die praktischen Verwendungen: Blütensalz zum Frühstücksei und Blütensirup mit heißem Wasser als Heiße Blüte getrunken.

Wie muss man sich die Ernte vorstellen?

Dr. Anja Quäschning: Ich bin sehr viel in der Natur unterwegs. Mit offenem und wachen Blick. Mit einem Gespür für Standorte. Klar, es gibt schon bestimmte Pflanzen, die ich gezielt suche. Hier spielen meine Erfahrungen mit. Ich weiß, auf was ich achten muss, wo beispielsweise Wildrosen stehen könnten usw. Zum Glück habe ich auch einen begeisterten Mann, der in solcherlei Hinsicht einen extrem wachen Blick hat. Ich nehme übrigens gern auch Blüten von Heilpflanzen wie die Echinaceablüte. Die Sonnenhutblüte (=Echinacea) schmeckt nach Kräutern und nach Hagebutte. Mir geht es dabei aber nicht um Heilwirkung und Schönheit der Blüten – ich interessiere mich für Geschmack und Duft.

Mögen Sie den Roman „Das Parfüm“?

Dr. Anja Quäschning: Ich mag das Buch nach wie vor, ich finde es sehr spannend. Grenouille geht es natürlich 100% um den Duft. Mir geht es um den Duft UND den Geschmack. Ja doch, mein Ansatz ist ganzheitlicher (lacht), ich möchte mich nicht nur auf einen Aspekt beschränken, sondern Blüten in ihrer Ganzheit erfahren.

Wer kauft bisher bei Ihnen?

Dr. Anja Quäschning: Ich könnte drei Kategorien beschreiben. Zum einen sind das sehr bewusste Kunden, die Wert auf Produkte legen, die aus biologisch-nachhaltiger Erzeugung kommen und eine sehr hohe Qualität besitzen. Dann habe ich das Champagnerpublikum, das eine Alternative zum Champagner sucht. Ein super exklusives Publikum. Die sagen sich: „Immer nur Champagner, das schmeckt ja immer nur nach Traube.“ Hier haben sie dann die hochwertige Alternative, nach der sie gesucht haben. Aber ich freue mich ebenso über meine kreativen, naturbegeisterten Kunden, die gerne beim Kochen experimentieren. Letztlich hängt vieles natürlich auch von mir und meiner Darstellung ab.

Wie ist die Ausbeute des Experimentierens?

Dr. Anja Quäschning: Die allermeisten Blüten schmecken angenehm, aber nicht außergewöhnlich. Vielleicht kann das Verhältnis etwas darüber erzählen: Ich habe über 450 Blüten ausprobiert und nur 60 in der Produktion. Geschmacklich spektakuläre Entdeckungen sind also eher die Ausnahme. Oft ist es eben so, dass Blüten schon ganz nett schmecken, aber eben nicht spektakulär anders. Da denke ich dann, das muss ich jetzt nicht auch noch verarbeiten. Das schmeckt ja schon so ähnlich wie … Aber so ähnlich wie brauche ich nicht, ich brauche etwas ganz, ganz Besonderes. Da bin ich im Laufe der Zeit schon anspruchsvoll geworden (lacht).

Gibt es Interesse seitens der Industrie?

Dr. Anja Quäschning: Ja, es kommen Anfragen. Aber man mag meine Essenzen dann eher als namensgebenden Bestandteil, denn als wirkliches Aroma. Die Industrie ist da wohl der Meinung, das muss gar nicht danach schmecken, Hauptsache man kann „mit Blütenessenz“ draufschreiben. Davon sind dann lediglich 0.01 % drin.

Ihr aktuelles Highlight?

Dr. Anja Quäschning: Klar liebe ich die japanische Kirschblüte als Sirup. Das war das allererste Mal, dass ich ein ganz tolles, intensives Aroma bekommen habe, obwohl ich es nicht erwartet habe. Aktuell ist mein persönlicher Favorit die Salbeiblüte. Sie hat so eine ganz klare und helle Aromatik. Im Vergleich zum Salbeiblättertee findet sich hier ein ähnliches Aroma, aber ganz ohne die Salbeiblättertee-Bitterstoffe.

Wie reagieren Erstverkoster?

Dr. Anja Quäschning: Erst total begeistert, dann anerkennend, was alles möglich ist. Was mich immer sehr freut, ist, dass der Forschergeist geweckt wird. Das ist bei fast allen Personen so. Man überlegt dann, was man selber im Garten hat. Ich spüre richtig, wie da etwas angestoßen wird. Es macht große Freude, wenn man Feedback bekommt, wenn die Leute überlegen, was man noch so aus Blüten machen kann.

Wie wichtig ist Sorgfalt?

Dr. Anja Quäschning: Sorgfalt ist äußerst wichtig für gute Qualität. Das fängt schon bei der Blütenernte an. Wir pflücken Blüten von Stängeln ab und die würden, wenn sie mitverarbeitet werden, Bitterstoffe ins Aroma abgeben. Wir verwenden keine Zusatzstoffe oder Konservierungsmittel. Allein deswegen sind wir auf eine extrem sorgfältige hygienische Verarbeitung der Produkte angewiesen. Die Produktqualität, die ich immer wieder neu erreichen will, ließe sich industriell gefertigt überhaupt nicht herstellen. Unmöglich.

Foto 1-1: Dr. Anja Quäschning, Gründerin und geschäftsführende Inhaberin der Deutschen Blütensekt Manufaktur.

Foto 1-2: Aus 450 Blüten wurden die köstlichsten Sorten ausgewählt.

Foto 1-3: Die vom Morgentau benetzten Blüten warten im Schatten auf ihre Weiterverarbeitung.

Foto 1-4: Das sorgfältige Abzupfen der Blütenblätter garantiert den reinaromatischen Geschmack der Blütendelikatessen.

Foto 2-1: Der Blütenschaumwein wird ohne Zusatz von Trauben oder Wein, aus frischen Blüten und Champagnerhefe gekeltert. Der Blütensirup kann als „Blütenschorle“ mit Wasser verdünnt oder als „Blütensekt“ mit trockenem Sekt oder Champagner getrunken werden. Das Mischungsverhältnis ist jeweils 1:10.

Foto 2-2: Das (so genannte) Einmaischen der pflückfrischen Blüten bei der Herstellung von Blütensalz. Die verlesenen und abgezupften Blüten werden aufwändig Schicht für Schicht mit dem Basissalz, hier kommt nobles Fleur de Sel zum Einsatz, vermischt.



Quelle: skriptmanufaktura, Die Welt der gläsernen Manufaktur, Ausgabe Nr. 15, Winter 2010/11, Seite 50-53, Rubrik: Gourmet
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