Vor vier Jahren gründete Diplombiologin und
Blütenscout Anja Quäschning die Deutsche Blütensekt Manufaktur. Zu ihren
Produkten gehören Rosenblütensekt und Blütensalze, ihre Kunden sind Gastronomen
aber auch Privatleute. Das Geschäft mit dem Handerlesenen wächst – nun will
Quäschning die Firma auf Expansionskurs bringen.
Die Blüte der Nachtkerze abzupassen, ist schon eine Kunst – und mühselig zu
ernten ist sie obendrein. Sie öffnet sich so schnell, dass man dabei zusehen
kann und blüht dann nur ganz kurz: Es beginnt abends in der Dämmerung und
dauert gerade mal bis zum nächsten Mittag, dann ist es schon wieder für ein
Jahr vorbei. Wer sie ernten will kann das also nur nachts machen. Diese Mühe
nimmt Anja Quäschning auf sich und fährt als „Blütenscout“, wie sie es nennt,
mehrmals am Tag zur Kontrolle der entsprechenden Flächen. Sie kontrolliert,
wann der beste Zeitpunkt zum Pflücken der Blüten ist – da kann es auf Stunden
ankommen. Und nicht nur bei Nachtkerzen, sondern auch bei japanischen Kirschen
oder Magnolien und vielen anderen.
Wofür sie die Blüten braucht? Die Diplombiologin Quäschning gründete vor knapp
vier Jahren die Deutsche Blütensekt Manufaktur, wo Gastronomen und auch
Privatleute so Ausgefallenes wie Blütensekt aus Holunderblüten oder Rosen,
Blütensirup von 60 verschiedenen Pflanzen bis hin zu Orchideen und Bananen,
Blütenzucker oder -salz beziehen können. Auf ihrer Kundenliste stehen
Feinschmecker-Adressen wie Schloss Reinhartshausen, Lafers Stromburg aber auch
Spezialhändler wie Bosfood oder Gourmondo.
Die Manufaktur hat fünf Mitarbeiter plus Saisonkräfte. Je nachdem, welche
Pflanze gerade blüht, sind es bis zu 15 Leute. Das Abpflücken der vielen
einzelnen kleinen Blüten ist extrem aufwändig. Für eine Flasche Rosenblütensekt
braucht man 300 Rosenköpfe – und keine einzige Weintraube oder andere Frucht.
Bei Holunder einen halben Kubikmeter Blüten. Kein Wunder, dass eine Flasche 98
Euro kostet. Vor allem sollen es nur Bio-zertifizierte Blüten sein. Der Sekt
wird produziert wie Champagner: er wird immer wieder gerüttelt.
„Das Geschäft mit dem Handverlesenen wächst“, sagt Quäschning. Die Gewinnzone
habe sie schon erreicht – viel schneller, als erwartet. Nun will sie sich nach
Investoren umsehen, um die Firma „auf größere Beine zu stellen“. Der Export ins
Ausland könne ebenfalls aufgebaut werden. Bald beliefere sie zudem eine
Kaufhauskette, die ihre Produkte – inzwischen sind es 120 – an die Konsumenten
bringen will. Die Blütensekt Manufaktur verkauft über den Handel 80 Prozent
ihrer Produkte und 20 Prozent an die Gastronomie. Der Holundersirup sei der
Renner, mit Abstand.
Ihren Erfolg belegen zwei Auszeichnungen: Vom Land Hessen bekam sie den
Gründerpreis für die „intelligenteste Geschäftsidee“ und ihre ausgefeilte
Verfahrenstechnik. Die DLG (Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft) verlieh ihr
2007 den internationalen Weinpreis in Gold. Wie Quäschning auf die Idee mit den
Blüten kam? „Meine Großmutter hat immer Holundersirup gemacht und hat nach
ihrem Tod kein Rezept hinterlassen. Ich wollte unbedingt den Geschmack meiner
Kindheit wieder finden.“ Vor 18 Jahren begann sie zu experimentieren. „Ich
probierte alles an fertigen Rezepten aus und hatte irgendwann alles aus
Holunder gemacht, was geht“, erzählt die Wiesbadenerin. Bis endlich der entscheidende
Hinweis vom Onkel kam. Nun schwenkt sie die Blüten monatelang in Quellwasser,
um den Blütenauszug zu bekommen, versetzt es mit Zitronensäure und füllt das
Extrakt ab. „Ich bin froh, dass ich in meinem früheren Job bei einem
Arzneimittelhersteller für pflanzliche Herz-Kreislaufmittel gelernt habe, wie
Marketing und Vertrieb funktionieren“, erzählt Quäschning.
Sterne-Koch Johann Lafer schwört auf die Würzsalze aus der Blütensekt
Manufaktur. „Salz erlebt gerade ohnehin eine Renaissance“, beobachtet er. Mit
Quäschning hat der TV-Koch seit Jahresbeginn eine Exklusivkooperation, die
„sehr erfolgreich“ sei. Lafer bietet den Gästen im „Le Val d’Or“ zum Olivenöl
vor der Vorspeise fünf verschiedene Würz-Salze von Wildrosen- bis
Hibiskusblüte. Und „fast jeder kauft später eins.“ Zur Winterzeit soll es dann
Zimtblütensalz geben und geradezu ins Schwärmen kommt er über das
Muskatblütensalz im Kartoffelpüree.
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